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MONATSOBJEKT AUGUST 2014

Zitate aus
Adalbert Stifter (1805-1868): "Aus dem alten Wien"

Adalbert Stifters Werk "Aus dem alten Wien" habe ich gestern in einer Bücher-Wühlkiste gefunden. Beim Durchblättern war ich sofort fasziniert. Neben den Kapiteln "Vom Sankt Stephansturme" und "Der Prater" ist ein weiteres Kapitel darin dem "Tandelmarkt" gewidmet.
Unten sind der Einband und die erste Seite davon abgebildet, und einige Zitate seien ein Anreiz, das 1844 erstmals erschienene, hier in einer Ausgabe von 1940 vorliegende Werk ganz zu lesen.
Der Einband wurde von Karl Schwetz nach einem Ölgemälde von Rudolf von Alt gestaltet, wie wir den Angaben im Buch entnehmen können.
Vieles mag den heutigen "Flohmarkt"-Besucherinnen und -Besuchern fremd vorkommen, manches hat sich kaum verändert.

Adalbert Stifter, Aus dem alten Wien    Adalbert Stifter, Aus dem alten Wien

Während meiner Museumstätigkeit bin ich vielen Sammlerinnen und Sammlern begegnet; die Einstellung zu ihren Schätzen war ganz unterschiedlich. Die meisten wollten Näheres wissen, manche jedoch begnügten sich mit der Freude an ihrem Besitz und scheuten eher davor zurück, sich genauer zu informieren, um einer möglichen Enttäuschung zu entgehen. Mit einiger Belustigung habe ich daher folgende Stelle im "Tandelmarkt"-Kapitel von Stifter gelesen:

". . . ich habe daselbst einmal sogar ein Römerschwert aufgefunden, ich besitze es noch, habe meine Freude daran und lasse durchaus keinen Beweis dagegen aufkommen, daß es nicht echt sei. Solange ich es dafür halte, ist es echt, ich lasse daher gar niemanden darüber reden; denn am Ende käme so ein Fant und bewiese mir, daß es von irgendeinem Komödienhause her sei, und dann wäre es aus mit der Rarität und ich könnte das Schwert hinauswerfen, während es jetzt bei meinen anderen Memorabilitäten und Kuriositäten hängt . . ."

Zum Warenangebot weiß Adalbert Stifter zu berichten:

"Wenn du ein Wiener bist und es fehlt dir was immer in deiner Haushaltung und an deinem Körper, es sei so klein und unbedeutend als es immer wolle, es sei so fremdartig und allen menschlichen Begriffen ferne liegend als nur immer denkbar: gehe hin auf den Tandelmarkt und du bekommst es."

Zum Standort des "Tandelmarktes" schreibt der Dichter:

"Auf dem Glacis, wie wir schon sagten, am Wienflusse von der Karlskirche abwärts bis gegen den Heumarkt zu, stehen dicht aneinandergedrängt mehrere hundert hölzerne Hütten, fast den aufgeschlagenen Buden eines Marktes ähnlich, da ihr Zweck Warenauslage ist, aber doch wieder anders und fast an Wohnhäuschen erinnernd, da sie nicht so wandelbar wie Marktbuden sind, sondern so lange an Ort und Stelle zu bleiben haben, bis sie vor Schwärze und Alter morsch werden und brechen, wo dann an die Stelle der alten eine neue Hütte gebaut wird, bis man etwa einmal die ganze Sache als eine veraltete Barbarei ganz eingehen läßt. Die Hütten stehen fast aneinander und bilden mit ihren offenen Vorderseiten förmliche Gassen, in denen sich das kauflustige Publikum treibt; diese Gassen sind häufig selber wieder eingedeckt, so daß man auf diesem Markte wie in einer ungeheuren Bienenwabe voll Gerumpel und Menschen herumschliefen kann. Jede Hütte hat eine Nummer und fast jede ein gemaltes Schild heraushängen, wovon sie den Namen: "zum Jäger", "zur Rose", "zum grünen Baum" usw. führt. Das Ganze bildet ein langes Viereck von schwarzen, wettergepeitschten Dächern, vor denen dir, wenn du sie von weitem überschaust, bange wird, daß einmal ein Feuer darunterkomme und in diesem luftigen, gedörrten Gerassel schrecklich wirtschafte. An schönen und besuchten Tagen ist das Ganze von ferne wie ein leibhaftr Ameisenhaufen zu schauen, der sich über und über rührt und regt."

Haben Sie Lust aufs Lesen des ganzen Büchleins bekommen? Es ist - bis auf die ältesten Ausgaben - noch immer um wenig Geld zu bekommen, vor allem dann, wenn man sich in Antiquariaten oder im Internet bei den verschiedenen Buch-Suchmaschinen umsieht. Das Suchen lohnt sich!

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